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Leon Eisenberg

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Leon Eisenberg im Jahr 2002

Leon Eisenberg (* 8. August 1922 in Philadelphia, USA, † 15. September 2009 in Cambridge, Massachusetts, USA)[1] war ein US-amerikanischer Kinder- und Jugendpsychiater, Medizinpädagoge und Hochschulprofessor jüdischer Abstammung. Eisenberg gilt aufgrund seiner frühen Werke unter anderem in den Bereichen Kinder- und Jugendpsychiatrie, Autismus, Sozialmedizin, globale Gesundheit und Antidiskriminierung sowie als Vorreiter in der Anwendung von randomisierten klinischen Studien als einer der bedeutendsten Wissenschaftler bzw. Mitbegründer seines Fachs. So belegte er unter anderem die Wirksamkeit von Psychostimulanzien bei Hyperaktivität. Im Zuge seiner Karriere war Eisenberg an diversen reputativen US-Hochschulen beschäftigt, darunter die Harvard Medical School. Darüber hinaus war er in mehreren Kliniken als Klinikleiter tätig, darunter das Massachusetts General Hospital in Boston.

In Deutschland erlangte Eisenberg im Jahr 2012 durch einen Artikel des Magazins Der Spiegel Bekanntheit. In diesem zitierte ihn der Medizinjournalist Jörg Blech aus einem Interview, welches dieser im Jahr 2009 mit Eisenberg geführt hatte, mit den Worten, dass es sich bei ADHS um eine „fabrzierte Erkrankung“ (fictutious disease) handele,[2] was im deutschsprachigen Raum ein weitreichendes Medienecho zur Folge hatte.[3][4]

Eisenberg starb im Jahr 2009 an Prostatakrebs.[5] Er hinterließ seine Ehefrau Carola Eisenberg und vier Kinder, darunter zwei Stiefsöhne.

Psychopharmakologische Kritik

Eisenberg setzte sich bereits früh kritisch mit den Schwierigkeiten psychopharmakologischer Studien an Kindern auseinander. So beschrieb er die Problematik im Jahr 1971 folgendermaßen:

„Das Grundproblem ist die moralische Fragwürdigkeit, mit Medikamenten an normal entwickelten Kindern zu experimentieren. Während es legitim erscheint, solche Experimente mit freiwilligen Erwachsenen durchzuführen, welche sich der Gefahren solcher Experimente bewusst sind, werden die wenigsten von uns der Ansicht sein, dass es moralisch in Ordnung ist, seine Kinder praktisch der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen [...]. Darüber hinaus muss man die Frage stellen: Wird das Kind als 'Patient' bezeichnet, weil die Kindesmutter über ein Verhalten besorgt ist, das eigentlich im Normbereich liegt? Wird das Kind behandelt, weil sein Lehrer über ein Verhalten verärgert ist, durch welches er seine Autorität bedroht sieht? [...]. Unser Ziel ist eine gesunde Entwicklung von Kindern. Stimulanzien können hilfreich sein, Symptome zu unterdrücken, die das Kind am Lernen behindern. Die Medikamente tun jedoch nichts weiter, als dem Kind zu ermöglichen, zu lernen – sie können dem Kind jedoch niemals etwas lehren.“

—Leon Eisenberg, 1971[6][7]

Diagnose-Kritik

Ferner beschrieb Eisenberg als einer der ersten Kritiker der definierten Störung - noch bevor die Ursachen mit Hilfe der modernen bildgebenden Verfahren untersucht worden waren - die Schwierigkeiten, die sich im Bezug auf die Diagnostik der schwierig zu objektivierenden Störung ergeben: „Mancher Kollege mag die Daseinsberechtigung der medikamentösen Behandlung angesichts dieser potenziellen Gefahren in Frage stellen; auch wird vorgebracht, ob das, was wir als 'hyperkinetisch' bezeichnen, nicht doch eher als 'nonkonformes Verhalten' oder gar als 'Kreativität' von Kindern bezeichnet werden sollte. Darüber hinaus geht sicherlich mit jeder Diagnose, welcher keine ausreichenden pathophysiologischen Befunde zugrundeliegen, ein potentielles Missbrauchsrisiko einher.“[8]

ADHS als „Paradebeispiel für eine fabrizierte Erkrankung“

Nach Aussage des Wissenschaftsjournalisten Jörg Blech äußerte Eisenberg im Jahr 2009, dass er ADHS für ein „Paradebeispiel für eine fabrizierte Erkrankung“ halte. Eisenberg erklärte, dass möglichen psychosozialen Beteiligungsfaktoren der ADHS in der Behandlung und Diagnostik mindestens genauso hohe Aufmerksamkeit zukommen sollte, wie pathophysiologischen Entstehungs- und Ausweitungsfaktoren. Er kritisierte im Weiteren, dass viele Ärzte im Rahmen der Diagnostik nicht sorgfältig genug vorgingen, um zum Beispiel familiäre Schwierigkeiten als Einflussfaktoren stärker zu berücksichtigen: „Eine Pille verschreibt sich dagegen ganz schnell“, so Eisenberg.[9] Blech stilisierte Eisenberg darüber hinaus aufgrund seiner frühen Forschungen an unaufmerksamen und hyperaktiven Kindern als „Erfinder“ der ADHS. Sein Zitat der „fabrizierten Erkrankung“ machte in der Folgezeit Schlagzeilen und wurde insbesondere in der ADHS-Kritik häufig aufgegriffen, was die kritische öffentliche Diskussion um das Thema ADHS wiederbelebte[10] und kritische Resonanz zur Folge hatte.[11]

Siehe auch

Weblinks

Weitere interessante Artikel

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Einzelnachweise